Dans la poésie c’est toujours la guerre.
– in der Poesie ist immer Krieg.
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«In der Poesie ist immer Krieg. Nur in Epochen des gesellschaftlichen Idiotismus tritt Friede oder Waffenruhe ein. Wortstammführer rüsten wie Heerführer zum wechselseitigen Kampf. Wortwurzeln bekriegen sich in der Dunkelheit, jagen sich gegenseitig die Nahrung ab und die Säfte der Erde. […] Die Umgangssprache findet immer den bequemen Mittelweg. In ihrem Verhältnis zur gesamten Sprachgeschichte ist sie versöhnlich gestimmt, zeigt verschwommenes Wohlwollen, Opportunismus. Poetische Sprache hingegen ist nie endgültig ›befriedet‹, in ihr brechen nach vielen Jahrhunderten alte Zwiste auf: Sie ist der Bernstein, in dem die vor Urzeiten vom Harz umschlossene Fliege noch immer summt – der Fremdkörper lebt noch in der Versteinerung weiter…»
Ossip Mandelstam, Notizen über Poesie (1923), in: O. M., Über den Gesprächspartner. Gesammelte Essays I 1013-1924; aus dem Russischen übertragen und herausgegeben von Ralph Dutli; Zürich: Ammann, 1991.
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